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Nyxoah hat US-Markt fest im Blick – Genio-Zulassung soll noch 2024 kommen

02.07.2024 07:49 Uhr - Autor: Michael Barck  auf twitter

Nyxoah-CEO Olivier Taelman im 4investors-Interview. Bild und Copyright: Nyxoah.

Ein starker Aktionärskreis, dem unter anderem strategische Investoren und ein früherer BASF-Chef angehören, eine Kapitalerhöhung über mehr als 48 Millionen Euro und viele Millionen mögliche Kunden: Nyxoah scheint gerüstet für den Start in den US-Markt, wo man für das eigene Lead-Produkt Genio zur Behandlung von Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe 2024 die Zulassung erhofft und 2025 die Kommerzialisierung starten will.

Im Interview mit der 4investors-Redaktion spricht Nyxoah-CEO Olivier Taelman über die Pläne für die Kommerzialisierung und Weiterentwicklung des Genio-Systems, das unter anderem in Deutschland bereits am Markt ist. Man arbeite „mit Hochdruck an unserer Go-to-Market-Strategie“, so Taelman, und wolle neben den USA auch in weiteren internationalen Märkten aktiv werden.


4investors.de: In Deutschland ist Nyxoah bisher relativ unbekannt. Können Sie das Unternehmen und das Lead-Produkt Genio mit wenigen Sätzen vorstellen?

Taelman:
Ja, natürlich. Nyxoah ist ein 2009 gegründetes Medtech-Unternehmen mit Sitz in Belgien, das an der Euronext in Belgien und seit 2021 auch an der Nasdaq notiert. Unsere Mission ist es, Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe (obstructive sleep apnea, „OSA“) wieder zu einem einfachen Schlaf zu verhelfen. OSA ist die weltweit am häufigsten auftretende Atmungsstörung im Schlaf. Jahrzehntelang wurde OSA ausschließlich mit der CPAP-Therapie (continuous positive airway pressure) behandelt. Dabei wird mit Hilfe eines Geräts und einer Maske Luft durch die oberen Atemwege gepresst, um Apnoe-Ereignisse während des Schlafs zu verhindern. Die Therapie selbst ist wirksam, hat aber ihre Grenzen, weshalb bis zu 50 Prozent der Patienten sie nicht vertragen und sie im Laufe der Zeit aufgeben. Mit unserem innovativen Genio-System haben wir eine einzigartige, patientenzentrierte Neurostimulationslösung entwickelt, mit der moderate bis schwere OSA behandelt werden kann. Unser fortschrittliches Produkt hat 2019 die CE-Kennzeichnung in der EU erhalten und ist seit 2020 für Patienten verfügbar, wobei Deutschland unser größter Markt ist. Hier arbeiten wir mit mehr als 50 HNO-Zentren zusammen, und unser Genio wird von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet. Neben der weiteren Markeinführung in Europa liegt unser strategischer Fokus derzeit auf dem US-Markt, dem weltweit größten Markt. Im Frühjahr dieses Jahres haben wir die positiven Daten unserer US-Zulassungsstudie, der DREAM-Studie, bekannt gegeben. Damit haben wir unseren FDA-Antrag abgeschlossen und erwarten die US-Zulassung bereits im vierten Quartal des Jahres. Derzeit bereiten wir uns auf die Markteinführung und Kommerzialisierung Anfang 2025 vor.

4investors.de: Was unterscheidet das obstruktive Schlafapnoesyndrom (OSA bzw. OSAS) vom „normalen“ Schnarchen, das Vielen bekannt sein dürfte? Wo liegen die gesundheitlichen Risiken?

Taelman:
Das „normale“ Schnarchen ist mehr oder weniger eine Unannehmlichkeit, aber keine Krankheit, während die OSA eine ernsthafte Atmungsstörung ist: Die Zunge des Patienten fällt im Schlaf nach hinten, blockiert den Rachen und verschließt die oberen Atemwege teilweise oder vollständig. Dadurch entstehen sogenannte Apnoen, also Atmungsaussetzer, die das Gleichgewicht von Sauerstoff und Kohlenstoffdioxid im Körper stören und zu gesundheitlichen Problemen führen können. OSA wird mit äußerst schwerwiegenden Begleiterkrankungen in Verbindung gebracht, darunter Depressionen, Diabetes, kardiovaskuläre Ereignisse oder sogar Schlaganfälle. In Deutschland leiden ca. 14 Millionen Menschen an OSA und sollten behandelt werden. Schätzungen zufolge werden jedoch nur etwa 25 Prozent der Patienten diagnostiziert, so dass die Störung weitgehend unterbehandelt wird.

4investors.de: Das Genio-System besteht im Wesentlichen aus einem Implantat und einem Wearable. Wie funktioniert das System?

Taelman:
Genio besteht aus einem winzigen implantierbaren Neurostimulator und einem externen Wearable, also einer tragbaren Komponente, dem Aktivierungs-Chip. Der Neurostimulator wird durch einen kleinen chirurgischen Schnitt in einem kurzen Eingriff unter dem Kinn implantiert. Jede Nacht, wenn der Patient zu Bett geht, fixiert er den externen Chip mit Hilfe eines Pflasters als Wearable unter seinem Kinn und aktiviert so den Neurostimulator. Während des Schlafs bewirkt diese Stimulation kleine Vorwärtsbewegungen des Zungenrückens, wodurch verhindert wird, dass die Zunge die oberen Atemwege blockiert. Natürlich muss das Gerät tagsüber nicht getragen werden.

4investors.de: Wie lange dauert die Implantation des Stimulators?

Taelman:
Die Implantation wird ambulant durchgeführt. Sie dauert nicht länger als 60 Minuten und erfordert nur einen kleinen diskreten Schnitt unter dem Kinn. Die Komponenten des Systems müssen nicht ausgetauscht werden, da sich keine Sensoren oder Batterien im Körper befinden - alles ist extern, was Anpassungen und ein Upgrade des Geräts ohne einen weiteren Eingriff ermöglicht.

4investors.de: Das Wearable muss also nachts unter dem Kinn getragen werden, was zunächst nicht komfortabel für den Patienten klingt. Wie kommen Patienten hiermit zurecht, was ist das Feedback aus den klinischen Studien?

Taelman:
Nun, da stimme ich Ihnen nicht ganz zu. Die mehr oder weniger einzige Alternative ist die bereits erwähnte CPAP-Schlafmaske, bei der nachts ständig Luft durch Mund und Nase geblasen wird. Bis zur Hälfte der Patienten bricht die Therapie innerhalb von fünf Jahren wegen Unverträglichkeit und Unbehagen ab. Bei Nyxoah ist die Therapietreue sehr gut: 85 Prozent der Patienten benutzen das System jede Nacht und das während der gesamten Nacht. Auch die Rückmeldungen unserer Patienten bestätigen, dass das kleine Pflaster sehr anwenderfreundlich ist: Man spürt es kaum und kann seine Schlafposition während der Nacht bequem ändern.

4investors.de: Für OSA gibt es diverse Methoden der Behandlung, mit denen Genio konkurrieren würde. Was sind die Vor- und Nachteile des Genio-Systems in der Behandlung und täglichen Anwendung?

Taelman:
Erstens ist das Verfahren zur Implantation des Neurostimulators minimalinvasiv und erfordert nur einen dezenten chirurgischen Schnitt. Da keine Batterien implantiert werden, wie Sie es wahrscheinlich von Herzschrittmachern kennen, müssen diese nicht ausgetauscht werden, so dass keine regelmäßigen chirurgischen Eingriffe erforderlich sind. Das implantierte Gerät wurde so konzipiert, dass es skalierbar ist, das heißt es kann regelmäßig aktualisiert werden, und die Patienten können von den neuesten Innovationen unseres Systems profitieren, ohne erneut chirurgisch behandelt werden zu müssen. Übrigens ist das Implantat auch MRT-kompatibel. Am wichtigsten ist jedoch wohl, dass die Anwendung von Genio sehr unkompliziert und einfach ist. Der Patient lädt den Aktivierungs-Chip im Laufe des Tages auf, was nur wenige Stunden dauert. Mit der speziellen Patienten-App hat er die volle Kontrolle über das Produkt und erhält regelmäßige Rückmeldungen zu seiner Therapie.

4investors.de: In der US-Pivotalstudie mit 115 Patienten hat Genio die primären Endpunkte erreicht. Könnten Sie uns dies noch etwas näher ausführen?

Taelman:
Sehr gerne. Wir haben diese Zulassungsstudie „DREAM“ genannt. Sie umfasst 115 Patienten, die über einen Zeitraum von 12 Monaten behandelt wurden. Und ja, Sie haben Recht, die Studie hat sämtliche primären und sekundären Endpunkte erreicht und damit eine deutliche Reduzierung des OSA-Schweregrads, ein sehr günstiges Sicherheitsprofil sowie eine hohe Therapietreue und -zufriedenheit bei den Patienten demonstriert. Außerdem war die DREAM-Studie die erste ihrer Art, die eine vergleichbar hohe Wirksamkeit der Therapie unabhängig von der Schlafposition des Patienten nachgewiesen hat. Das bedeutet, dass ein Patient, der auf dem Rücken liegt, einen ähnlichen Nutzen von dem Implantat hat wie ein Patient, der in einer anderen Position schläft. Der Patient muss also nicht in einer unbequemen oder ungeeigneten Haltung schlafen, um von der Therapie zu profitieren. Unser Gerät passt sich perfekt an die natürlichen Schlafgewohnheiten eines jeden Patienten an. Zudem war das allgemeine Sicherheitsprofil unserer Genio-Technologie sehr günstig und vergleichbar mit dem des Therapiestandards.

Die Daten der DREAM-Studie bilden den Eckpfeiler unseres Antrags auf FDA-Zulassung, und wir sind zuversichtlich, die Zulassung bis Ende des Jahres zu erhalten. Auf dieser Grundlage planen wir die Kommerzialisierung im Jahr 2025. Derzeit bauen wir unser Vertriebsteam auf und ergreifen die notwendigen Schritte, um eine Kostenerstattung zu erhalten – kurzum: wir arbeiten mit Hochdruck an unserer Go-to-Market-Strategie.

4investors.de: In Europa ist das Genio-System also bereits verfügbar, und die Zulassung und Markteinführung in den USA werden in Kürze erwartet. Wie geht es danach weiter bei Nyxoah?

Taelman:
Unsere Vision ist es, ein weltweit führendes Unternehmen für die Behandlung der obstruktiven Schlafapnoe und ähnlicher Indikationen zu werden. Dabei haben wir stets den Nutzen für unsere Patienten im Blick. Ich möchte an dieser Stelle erwähnen, dass wir unsere Technologie auf eine schwere Form der OSA ausweiten, auf den so genannten komplett konzentrischen Kollaps (complete concentric collapse, CCC) im Weichgaumen. Für die betroffenen Patienten sind alternative Neurostimulationstherapien kontraindiziert, was bedeutet, dass sie außer einer hochinvasiven Operation nicht viele Optionen haben. In Europa ist Genio das einzige Neurostimulationsgerät, das für CCC zugelassen ist, und in den USA läuft derzeit eine einjährige Zulassungsstudie.

Zudem haben wir eine exklusive Partnerschaft mit der renommierten Vanderbilt University in den USA, um ein Produkt der nächsten Generation zur Stimulation der Ansa cervicalis zu entwickeln. Hierbei handelt es sich um eine alternative Neurostimulationsstrategie zur Behandlung von OSA, die sehr vielversprechende Ergebnisse gezeigt hat. Diese Therapie könnte es uns ermöglichen, mehr Patienten zu behandeln und unser Marktpotenzial weiter auszubauen.

4investors.de: Der Blick in die Aktionärsstruktur von Nyxoah zeigt mit dem Implantate-Hersteller Cochlear und dem US-Konzern ResMed zwei Anteilseigner an, die aus der MedTech-Branche kommen. Wie sehr basiert der geplante Vertrieb von Genio auf Kooperationen mit den beiden Unternehmen und wie sehr können Sie von deren Know-How mitprofitieren?

Taelman:
Wir sind stolz darauf, so renommierte Partner zu haben, die unseren Therapieansatz validieren und mit denen wir eine historisch starke Verbindung haben. Das australische Unternehmen Cochlear genießt einen guten Ruf, was den Innovationsgrad und die Qualität seiner Produkte angeht. Es gibt viele Synergien zwischen unseren Unternehmen und Produkten. Und ResMed ist die Nummer eins auf dem CPAP-Markt. Wir haben eine exklusive Partnerschaft in Deutschland, um den Zugang zur Therapie für die Patienten in diesem Land weiter auszubauen. Hier können wir Synergien nutzen, aber gleichzeitig unseren Patienten eine kontinuierliche Versorgung bieten. So ist CPAP derzeit die Standardtherapie. Allerdings brechen bis zu 50 Prozent der Patienten die Behandlung ab oder halten sich nicht an den Therapieplan. Wir wollen ihnen eine anwenderfreundliche Alternative anbieten, um das Risiko ernsthafter gesundheitlicher Komplikationen zu verringern. Unser gemeinsames Ziel ist es, die richtige Behandlung für den richtigen Patienten anzubieten.

4investors.de: Einer ihrer Aktionäre ist der frühere BASF-Chef Jürgen Hambrecht, der etwas mehr als 3 Prozent der Anteile hält. Wie kam diese Verbindung zustande?

Taelman:
Dr. Jürgen Hambrecht hat sehr früh in Nyxoah investiert, zu einem Zeitpunkt als das Unternehmen noch nicht an der Börse war. Er ist von unserer Technologie überzeugt, und wir sind stolz darauf, dass er uns im Aufsichtsrat mit seiner Expertise und Erfahrung unterstützt.

4investors.de: Im Mai hat Nyxoah über eine Kapitalerhöhung rund 48,5 Millionen Euro eingesammelt. Wie lange sind die operativen Aktivitäten damit durchfinanziert und wie planen Sie, die Einnahmen zu verwenden?

Taelman:
Wir werden die Erlöse aus der Kapitalerhöhung dazu nutzen, die Kommerzialisierung in den USA einzuleiten und unsere Produktentwicklung sowie die klinische Forschung voranzutreiben. Angaben zu unserem Cash-Runway haben wir aktuell nicht veröffentlicht.

4investors.de: Welchen zusätzlichen Kapitalbedarf sehen Sie für Nyxoah?

Taelman:
Da Nyxoah weiter expandiert und wir die Kommerzialisierung beschleunigen wollen, werden wir zusätzliche Mittel aufbringen müssen. Aber wir tun dies mit einem klaren Blick auf den Shareholder Value. Wir bewerten die besten Optionen und werden die Gelegenheit ergreifen, wenn sich uns ein adäquater Zugang zu finanziellen Mitteln bietet.

4investors.de: Welches Marktvolumen bedient Genio und welche Marktanteile wollen Sie sich - Zulassungen vorausgesetzt - mit dem System sichern?

Taelman:
Weltweit sind fast 1 Milliarde Menschen von OSA betroffen. Allein in Deutschland gibt es 14 Millionen Menschen, die darunter leiden und eine Therapie benötigen. Im letzten Quartal 2023 haben wir hier im Bereich der Neurostimulation einen Marktanteil von 45 Prozent erreicht. Wir gehen davon aus, dass wir nach der US-Markteinführung dort eine ähnliche Richtung einschlagen werden. Außerhalb der USA ist Nyxoah aktuell in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Spanien kommerziell erhältlich, und wir arbeiten daran, uns weitere europäische und internationale Märkte zu erschließen.

4investors.de: Im ersten Quartal 2024 hat Nyxoah knapp 12 Millionen Euro Verlust unter dem Strich gemacht. Wann werden Sie die Gewinnschwelle erreichen?

Taelman:
Da dies von einer Reihe verschiedener Faktoren abhängt, bitte ich Sie um Verständnis, dass wir dazu aktuell noch keine öffentlichen Angaben gemacht haben.

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