Commerzbank: Uneinheitliche Signale für die Konjunktur im Euroraum
Die gestern gemeldeten Einkaufsmanagerindizes für den Euroraum für Mai geben kein einheitliches Bild. Während der Index für das verarbeitende Gewerbe um 0,3 auf 52,3 Punkte anstieg, ging der Index für Dienstleistungen um 0,8 auf 53,3 Punkte deutlich zurück. Wie die Graphik zeigt, ist auch die Entwicklung in den einzelnen Ländern (hier Deutschland und Frankreich) unterschiedlich. Da sich der Ölpreis inzwischen leicht erholt und der Euro wieder gestärkt hat, sind die Rahmenbedingungen für die nächsten Quartale nicht mehr ganz so positiv. Wir gehen deshalb davon aus, dass sich das Wachstumstempo – nach einem kräftigen Jahresstart – wieder etwas verlangsamen wird.
Zinsen und Anleihen
Die eher schwachen Konjunkturdaten aus dem Euroraum aber auch aus den USA ließen gestern die Rentenmärkte weitgehend unberührt – die Renditen fielen nur leicht. Die aus dem Euroraum gemeldeten Einkaufsmanagerindizes lieferten kein einheitliches Bild – während der Gesamtindex für Deutschland unerwartet deutlich zurückfiel, stieg der französische Index leicht an. Aktuell holt im Euroraum die Industrie (52,3 nach 52,0 Punkten) gegenüber dem Dienstleistungsbereich (53,3 nach 54,1 Punkten) auf. Auch das von der EU-Kommission erhobene Verbrauchervertrauen konsolidierte sich nach kräftigen Zuwächsen in den Vormonaten etwas. Insgesamt dürfte die Konjunkturdynamik im Vergleich zum ersten Quartal wieder etwas Schwung verloren haben (vgl. „Im Blickpunkt“). Das Protokoll der letzten Geldpolitischen Sitzung der EZB deckt sich mit dem Bild, das Mario Draghi auf der Pressekonferenz lieferte: Die EZB plant keine Abstriche am Anleihenkaufprogramm zu machen und man sieht auch kein Angebotsengpass (bei den Bundesanleihen). In den USA ist die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung in der jüngsten Berichtswoche leicht angestiegen – allerdings ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau. Auch die anderen US-Konjunkturdaten blieben leicht hinter den Erwartungen zurück: Der Philadelphia Fed Index stieg nicht wie erwartet an, sondern fiel zurück. Gleiches gilt für die Verkäufe bestehender Häuser. Heute ist der zweite und letzte Tag des EU-Gipfels in Riga. Eigentlich dreht sich der Gipfel um die „Östliche Partnerschaft“, aber auch die Suche nach einer Einigung mit Griechenland wird auf dem Gipfel fortgesetzt.
Aktien
Einmal mehr konnten sich gestern die europäischen Aktienmärkte von anfänglichen Verlusten erholen und ins Plus retten. Zwar zeigten die Einkaufsmanagerindizes, dass die Konjunktur im Euroraum nicht in den Himmel wachsen wird, die Märkte konnten dies aber abschütteln. Nach oben gezogen wurde der Markt im Wesentlichen von Ölwerten. Die rückläufigen Lagerbestände und der wieder leicht schwächere Dollar halfen dem Ölpreis nach oben, was auch Energiewerten (+1,4%) zu Kursgewinnen verhalf. Auch mag der besser als erwartet ausgefallene chinesische Einkaufsmanagerindex (HSBC/Markit) geholfen haben. Der Treiber Geldpolitik machte gestern zwar einmal Pause, dafür half der Dollar ein wenig und auch die charttechnischen Kaufsignale ziehen weiter Käufer an. Der Stillstand in der Griechenlandthematik bleibt derzeit noch unberücksichtigt. Es bleibt abzuwarten, ob diese sorglose Haltung auch in den kommenden Wochen anhält, wenn die Stunde der hohen Rückzahlungsbeträge näher rückt. Während die schwächer ausgefallenen US-Makrodaten am amerikanischen Anleihemarkt die Konjunkturangst verstärkten, war die Reaktion am Aktienmarkt eine andere. Hier wurden die Daten eher als Bestätigung dafür angesehen, dass die Fed die Leitzinsen eher später anheben wird, was letztendlich zu leicht steigenden Indizes führte. Auf Branchenseite (S&P500) waren Finanzwerte (-0,2%) der schwächste Sektor, während Energiewerte (+0,8%) am stärksten zulegen konnten. In Asien dominieren heute Morgen die Pluszeichen. In Shanghai notiert der Index, angetrieben von Finanzwerten, auf einem Sieben-Jahres-Hoch. In Japan schloss der Nikkei nach zwischenzeitlichen Verlusten im Plus. Die Notenbank hatte zwar die Konjunkturaussichten besser dargestellt, aber ihre lockere Geldpolitik bestätigt.