Commerzbank: BoE lockert stärker als erwartet ihre Geldpolitik und reagiert damit auf den Brexit
Wie erwartet hat die (BoE) gestern ihren Leitzinssatz um 25 Bp. auf 0,25%, ein Rekordtief, gesenkt. Darüber hinaus hat sie das Anleihekaufprogramm wiederbelebt und das Volumen von 375 Mrd. – das bereits ausgeschöpft ist – auf 435 Mrd. GBP erhöht. Zudem kündigte sie an, ein Volumen von bis zu 10 Mrd. GBP an Unternehmensanleihen zu erwerben und ein Programm zur Förderung der Kreditvergabe (Term Funding Scheme) einzuführen. Die Wiederaufnahme der Wertpapierkäufe hat die Erwartungen übertroffen. Die Renditen gingen nach den Beschlüssen kräftig zurück und das britische Pfund hat sich abgeschwächt. Die Maßnahmen sind auf die Unterstützung der Konjunktur und nicht auf eine Abschwächung des Pfundkurses gerichtet. Notenbankchef Mark Carney betonte, dass vor allem mit einem schnellen Handeln die Unsicherheit gesenkt werden kann, einen strukturellen Schock könne die Notenbank dagegen nicht kompensieren. Die Unsicherheit belaste vor allem die Investitionen und Konsumausgaben. Die BoE hat ihre Wachstumsprognosen so stark wie noch nie in ihrer Geschichte gesenkt und kommentierte gleichwohl: Eine Rezession erwarte sie nicht; sie rechne damit, dass die Wirtschaft nach dem starken ersten Halbjahr auch in der zweiten Jahreshälfte noch wachsen werde. Für 2017 hat sie die Wachstumsprognose von 2,3% auf 0,8% drastisch gesenkt. Gleichzeitig hat sie ihre Inflationsprojektionen erhöht; die Inflationsrate soll gegen Ende 2018 bzw. Anfang 2019 bei 2,4% ihren Höhepunkt erreichen.
Die Notenbank hat weitere Lockerungsmaßnahmen signalisiert. Carney sieht dabei die Untergrenze der Leitzinsen über Null. Es gäbe andere Optionen als Negativzinsen. Wir rechnen mit weiteren Zinssenkungen von 10 bis 15 Bp. Aber auch die Wertpapierkäufe können weiter ausgeweitet werden.
Zinsen und Anleihen
Deutschland: Auftragseingang (Juni) , 8.00 Uhr
USA: Handelsbilanz (Juni), 14.30 Uhr
USA: Arbeitsmarktbericht (Juli), 14.30 Uhr
Der Hauptimpuls für die Rentenmärkte kam gestern von der Entscheidung der Bank of England (BoE), die Geldpolitik weiter zu lockern: Durch eine Kombination aus Leitzinssenkung, ein Vorzugsrefinanzierungsprogramm für Banken sowie die Wiederaufnahme der Anleihekäufe (nach 4-jähriger „Pause“), die jetzt auch Unternehmensanleihen umfassen werden (siehe auch „Im Blickpunkt“). Der Wiedereinstieg in die quantitative Lockerung dürfte die Märkte am meisten inspiriert haben. So fiel die Rendite 10-jähriger britischer Gilts von 0,80 auf 0,65%, ein neues Allzeit-tief. Auch Bundesanleihen tendierten freundlich bei Renditen um -0,09% im 10-Jahresbereich – gleichauf mit vergleichbaren japanischen Staatstiteln. Deren Rendite ist freilich seit vergangenem Freitag um 20 Basispunkte gestiegen, nach-dem die Bank of Japan nicht die Lockerung geliefert hatte, auf die der Markt gesetzt hatte. Diese Reaktion zeigt im Kontrast zu britischen Gilts gestern, wie sensibel die Rentenmärkte auf den ultratiefen bzw. negativen Renditeniveaus auch auf geldpolitische Enttäuschungen reagieren können. Auch wenn BoE-Chef Carney nochmals unterstrich, kein Freund negativer Leitzinsen zu sein: Die Perspektive noch lange sehr niedriger Leitzinsen brachte das britische Pfund sowohl gegenüber dem US-Dollar als auch dem Euro nochmals unter Druck. Ein schwächeres Pfund ist ein natürlicher und nicht unwillkommener Nebeneffekt der Geldpolitik, der den Anpassungsprozess der britischen Wirtschaft an strukturell neue Verhältnisse erleichtert. Heute steht der offizielle US-Arbeitsmarkt im Zentrum des Marktinteresses. Der Marktkonsensus erwartet einen Anstieg der Beschäftigtenzahl um 171.000, was in etwa dem 6-Mo-natsdurchschnitt entspräche.
Aktien
Allianz, Ergebnis Q2
Evonik, Ergebnis Q2
Hugo Boss, Ergebnis Q2
Lafarge Holcim, Ergebnis Q2
Osram Licht, Ergebnis Q3
Royal Bank of Scotland, Halbjahresergebnis
Die europäischen Aktienmärkte tendierten am gestrigen Handelstag überwiegend freundlich. Für Rückenwind sorgte einerseits die Entscheidung der Bank of England, den Leitzins um 25 Basispunkte auf ein Rekordtief von 0,25% zu senken sowie das Staatsanleihen-Kaufprogramm aufzustocken, woraufhin das britische Pfund spürbar nachgab. Andererseits beflügelten zum Teil sehr solide Ergebnisse im Zuge der Berichtssaison. In diesem Umfeld gewannen die europäischen Leitindizes um bis zu 1,6% (England), wobei im Nachmittagshandel zum Teil Gewinnmitnahmen einsetzten. Der Dax gewann 0,6%. Tagesgewinner im deutschen Leitindex war die Aktie von Siemens, die nach Vorlage von sehr überzeugenden Quartalszahlen um 4,5% zulegte. Die Notierung von Beiersdorf verlor dagegen nach der Präsentation von Geschäftszahlen rd. 4,2%. Die Aktie von Adidas (-2%) wurde nach der beeindruckenden Hausse der vergangenen Monate u.a. von einer Verkaufsempfehlung belastet. In der zweiten Reihe gewann die Notierung von Rheinmetall nach Vorlage von soliden Geschäftszahlen rd. 3,3%. Auf europäischer Sektorebene waren insbesondere die zuletzt stark gebeutelten Bankaktien gefragt, die im Schnitt um 1,3% zulegten. Am Ende der Performancerangliste rangierten Chemiewerte, die durchschnittlich um 0,2% nachgaben. Die Börsen in den USA tendierten vor der Veröffentlichung des Arbeitsmarktberichts am Freitagnachmittag nahezu unverändert. Gefragt waren v.a. IT-Werte (+0,5%). Die Börsen in Asien tendierten überwiegend freundlich. In Hongkong beflügelte v.a. die Hoffnung auf Konjunkturstimuli durch die chinesische Notenbank.